Goie dag wat jy liefhet – ist Afrikaans und bedeutet soviel wie „guten Tag meine Lieben“.

Nun sind schon 3 Monate rum, seitdem ich mich in Deutschland von meiner Familie und meinen Freunden verabschiedet habe und es für mich in ein fremdes Land und auf in ein neues und aufregendes Abenteuer ging.

Ich habe jetzt erst so richtig die Zeit gefunden die letzten Wochen einmal Revue passieren zu lassen. Einerseits habe ich in der kurzen Zeit schon so unglaublich viel gesehen und erlebt, dass ich ganze Bücher darüber schreiben könnte, andererseits kommt es mir so vor, als wären diese Wochen wie im Flug an mir vorbeigezogen und ich bin vor ein paar Tagen erst gelandet.

Anreise und Unterkunft

Am 30. Januar bin ich in meiner neuen Heimat Port Elizabeth, einer Stadt mit ca. 315.000 Einwohnern an der Ostküste Südafrikas gelandet.

Hier angekommen, wurden uns erst einmal unsere Zimmer im Wohnheim „Campus Key“ zugeteilt. Das Wohnheim liegt in Summerstrand, einem relativ wohlhabenden Stadtviertel in Port Elizabeth, ganz in der Nähe der Nelson Mandela University.

Ich wohne in einer tollen WG mit vier weiteren Mädels in meinem Alter. Wir fünf haben uns wirklich auf Anhieb gut verstanden und sind mit den vier Mädels aus unserer Nachbar-WG zu einer richtigen kleinen Familie zusammen-gewachsen. Unsere Türen stehen immer offen, wir feiern Geburtstage gemeinsam, veranstalten Abend-essen, kochen zusammen, verreisen über die freien Wochen-enden, wir bauen uns gegenseitig auf, trösten oder freuen uns miteinander. Ich fühle mich sehr wohl in meinem neuen Zuhause.

Unser Wohnheim ist total schön gestaltet, neu und modern. Wir haben eine Dachterasse, auf der wir auch zusammen grillen können, ein kleines Fitnessstudio, Aufenthaltsräume und das Beste ist, wir sind nur 2 Gehminuten vom Strand entfernt. Ein unglaublicher Luxus!
Auf dem täglichen Programm stehen also auch Strandspaziergänge, das Beobachten von Delphinen, die zweimal täglich an dem Strand vor unserem Wohnheim vorbei schwimmen und morgendliche Badegänge im Meer.

Studieren in Südafrika

Ich belege an der Nelson Mandela University drei Bachelorkurse aus dem Bereich Logistik und Business. Die Kurse und Vorlesungen sind hier etwas anders aufgebaut, als bei uns an der Ostfalia in Salzgitter. Man schreibt während der zwei Terms Tests, Gruppen- und Hausarbeiten um für das „final exam“ am Ende des Semesters zugelassen zu werden.

Der Aufwand während des Semesters ist also auf jeden Fall größer als in Deutschland, man arbeitet aber automatisch auch regelmäßiger mit, hat den Stoff schon gelernt und muss ihn für die Klausur am Ende des Semesters nur noch wiederholen.
Was mir an den Vorlesungen hier leider nicht so gut gefällt ist, dass man den Stoff in vielen Fächern nur auswendig lernt und es nicht darum geht, ihn auch wirklich zu verstehen und die Zusammenhänge nachzuvollziehen.


Ich habe mich außerdem in das Fach „Community Service Learning“ eingetragen. Hier haben wir internationalen Stundenten die Möglichkeit einige Einblicke in die verschiedensten Einrichtungen in Port Elizabeth zu bekommen. Wir dürfen Pfleger in Altenheimen unterstützen, können in Schulen und Kindergärten in den Townships helfen oder auch in einer Pinguinauffangstation mitarbeiten.

Ich habe mich für das Arbeiten mit Kindern in einer Schule im Township Walmer entschieden. Vier Mädels und ich unterstützen dort also die Erzieher bei ihrer täglichen Arbeit mit den Kindern, spielen mit Ihnen, singen, tanzen oder helfen den Älteren bei ihren Hausaufgaben. Manche möchten auch einfach nur kuscheln und in den Arm genommen werden.

Die Kommunikation mit den Kleinen ist leider sehr schwer, da die Kinder kaum Englisch sprechen und wir Internationalen kein Afrikaans oder Xhosa beherrschen. Trotzdem finden wir immer irgendwie eine Möglichkeit uns zu verständigen.

Schön ist es aber, wenn sich die Kinder in der nächsten Woche daran erinnern, was wir Ihnen bei unser letzten Begegnung beigebracht haben. Oft sind das einfache Dinge wie „Danke!“ und „Bitte!“, Spiele, die sie gerne wieder mit uns spielen möchten oder Lieder, die wir Ihnen beigebracht oder vorgesungen haben.

Kulturelle Unterschiede

Jedes Mal, wenn wir an den Townships vorbei fahren oder Kinder, Männer und Frauen auf den Straßen betteln sehen, wird mir wieder bewusst, wie unendlich dankbar und gesegnet wir in Deutschland sind. Wir haben das Recht auf Bildung, ein soziales System, fließend Wasser und Strom, ein Dach über unserem Kopf und sind gesundheitlich auch jederzeit abgesichert.

Man merkt hier sehr schnell, dass in einer Stadt und wirklich auch nah beinander, die zwei Welten – arm und reich – sehr stark aufeinander prallen.
Wir Studenten leben in einem sehr schönen und modernen Gebäude, nicht einmal 2 Gehminuten vom Strand entfernt, während ein Großteil der Einheimischen in kleinen Wellblechhütten oder heruntergekommenen 1-Zimmer Wohnungen in den Townships, an den Rändern der Stadt wohnen und wirklich sehr hart für ihr Geld arbeiten müssen.

Unfair ist hier leider immer noch so Einiges und auch, wenn sehr viele von Gleichberechtigung sprechen, sieht man in den Hotelanlagen oder Restaurants oft weiße Inhaber, die dunkelhäutige Mitarbeiter unterweisen. Das Hautfarbe hier noch so eine riesige Rolle spielt, hätte ich wirklich nicht gedacht.

Auch in unserer Uni, gab es Anfang März Proteste, um gegen die hohen Studiengebühren, die sehr vielen südafrikanischen Studenten eine Hochschulausbildung nur schwer zugänglich macht, vorzugehen.

Trotzdem sind die Südafrikaner ein unglaublich gelassenes und freundliches Volk. Egal wo man Hilfe benötigt, ob im Supermarkt, beim Einparken oder in der Universität, man bekommt fast immer und überall die nötige Unterstützung oder ein nettes Lächeln.

Es gibt jedoch einen großen Unterschied zu der deutschen Mentalität, in der es ja sehr oft um Schnelligkeit, Pünktlichkeit und Perfektionismus geht. Hier ticken die Uhren auf jeden Fall vieeel langsamer. Wir Deutschen mussten uns wirklich an die „south african time“ gewöhnen, schnell mal einkaufen gehen, ist hier nicht möglich. Auf einen Kaffee oder Tee, wartet man auch mal eine halbe Stunde und selbst in der Uni werden Prüfungspläne gerne mal eine Woche später verschickt, als vorher bekanntgegeben.

Sicherheit

Um das Thema Sicherheit habe ich mir vor meinem Auslandssemester in Südafrika natürlich auch viele Gedanken gemacht. Nach den drei Monaten kann ich dennoch sagen, dass ich mich persönlich sehr sicher in Port Elizabeth fühle. Natürlich muss man auch hier, wie in jedem anderen Land dieser Welt, seinem eigenen Verstand, seiner Intuition und seinem Gefühl vertrauen.

Wir haben uns zu Beginn des Semesters ein Auto gemietet und nutzen dieses auch für kurze Strecken, sobald die Dunkelheit einbricht. Am Tage kann man in unserem Stadtteil Summerstrand überall zu Fuß hingehen und selbst allein fühle ich mich hier sicher. Außerdem gibt es die Möglichkeit, sich für wirklich wenig Geld ein Uber zu rufen, um also auch, wenn man kein Auto zur Verfügung hat, schnell und sicher überall hinzukommen.

Einige Bereiche in der Innenstadt und auch die Townships meiden wir ganz oder erst richtig, sobald es dunkel wird. Man erkennt aber an den Blicken der Einheimischen schon sehr schnell, ob man irgendwo willkommen ist oder sich lieber zügigst und möglichst unauffällig auf den Weg machen sollte.

Auch unsere Wertsachen tragen wir hier nicht unbedingt offen und für jeden sichtbar mit uns herum oder lassen sie im Auto liegen.

Ich finde, man bekommt aber auch schnell, ein Gefühl dafür, was man tun und lassen sollte, oder in welchen Gegenden man sich ohne Bedenken bewegen kann.

Ausflüge und Erlebnisse

Neben unserem Unialltag versuchen wir natürlich so viel wie möglich von Südafrika zu sehen und zu erkunden. Gerade auf dem Weg nach Kapstadt, die Garden Route entlang, gibt es unglaublich viele super schöne Orte und Sehenswürdigkeiten.

An Wochenenden und in den Ferien zwischen den zwei Terms, haben wir also Hogsback erkundet und uns dort zu zwölft ein Airbnb gemietet. Wir sind gewandert, haben in Wasserfällen gebadet, gegrillt und Stockbrot gemacht.

Wir waren in Jeffreys Bay, in unglaublich schönen Sanddünen ausreiten. Haben den Bungee Jump von der Bloukrans Bridge im Tsitsikamma Nationalpark gemacht, waren mit unserer Tauchschule in Plettenberg Bay mit Robben tauchen und schnorcheln und haben das wunderschöne Kapstadt erkundet. Dort haben wir im Kirstenbosch Botanical Garden ein Konzert unter freiem Himmel besucht, wir waren am Boulders Beach und konnten mit Brillenpinguinen baden und standen am Kap der guten Hoffnung, dem südwestlichsten Punkt Afrikas.

Außerdem befindet sich ganz in der Nähe von Port Elizabeth der größte Nationalpark des südafrikanischen Ostkaps. Hier kann man wunderschönen Tieren, wie Elefanten, Löwen, Zebras und Büffeln unglaublich nah kommen und sie vom Auto aus in freier Wildbahn beobachten.

Südafrika hat so Einiges zu bieten und obwohl ich schon so Vieles gesehen haben, kann ich es kaum erwarten die nächsten Wochen weiter durch dieses wunderschöne, vielseitige Land zu reisen und die Kultur noch besser kennenzulernen und zu erleben.

Ich drücke euch ganz dolle und sende euch sonnige Grüße aus dem südafrikanischen Herbst,

Merle